
Dennis Echtermann
Langjähriger CDU-Spitzenpolitiker Wolfgang Bosbach erklärte in flammender Rede seine Sicht auf Migration, Wirtschaft und Politik
Der langjährige CDU-Politiker Wolfgang Bosbach muss nach mehr als einstündiger Redezeit erst einmal einen ordentlichen Schluck aus der Wasserflasche nehmen. Begleitet wird dies durch stürmischen Applaus seiner Parteikollegen. Mit seiner flammenden und heiteren Rede hat er das Publikum für sich gewonnen. Nach seinem Auftritt im Alten Amtshaus am Donnerstagabend – auf Einladung des CDU Stadtverbandes zur Wahlkampfunterstützung des Bundestagsabgeordneten Paul Ziemiak – geht es für ihn in den kommenden Tagen nach Melle nahe Osnabrück, dann Hildesheim, Ahausen, Magdeburg, Potsdam, Plauen und Gotha. 49 Termine in 41 Tagen. Wie der langjährige Bundestagsabgeordnete und ehemalige Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags das Publikum überzeugt hat.
"Ich weiß, was am 23. Februar auf dem Spiel steht."
„Ich weiß, was am 23. Februar auf dem Spiel steht“, antwortet der CDU-Politiker auf die Frage, warum er im Alter von 72 als nicht mehr aktiver Politiker noch so viele Wahlkampfauftritte für seine Partei auf sich nimmt. Zudem habe er Sympathie für die Mitglieder an der Basis, die bei Wind und Wetter in der aktuellen Kälte Wahlkampf betreiben. Bosbach war von 1994 bis 2017 Bundestagsabgeordneter, von 2009 bis Juli 2015 Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags. Vor allem durch seine Talkshowauftritte hat er größere Bekanntheit erlangt. Der Rheinländer leidet an einer Krebserkrankung.
Was „früher“ anders war
In seiner Rede richtete er seinen Blick häufig auf gesellschaftliche Probleme, die in früheren Zeiten anders gelöst oder kaum existent waren. Nahbarkeit und einen moderneren Eindruck erreichte er damit, dass er bei vielen Themen auch die Perspektive seiner drei Töchter mit einbezog. In der Rolle des Papas, der auf die erwachsenen Töchter blickt, nahm das oftmals komödiantische Züge an. Seine jüngste Tochter bezeichnete er beim Thema Bildung als „Kampfhubschrauber unter den Helikoptereltern“. Als er mit Amazon eines der reichsten Unternehmen der Welt nannte, machte er scherzeshalber das Einkaufsverhalten seiner drei Töchter dafür verantwortlich. Gespickt war seine Rede auch von lustigen, privaten Anekdoten.
Die gefühlte Botschaft der Rede: Es läuft was falsch in diesem Land und wir müssen aufpassen. Aber es geht uns immer noch gut. Die Aussagen Bosbach wirkten deutlich warnend, durch die heiteren Einwürfe aber auch etwas beruhigend. Früher habe man politisch zwar hart gestritten, man habe sich aber an getroffene Entscheidungen gehalten. Es durch starke Volksparteien Stabilität. Der Zusammenhalt in den Familien sei stärker gewesen, da oft drei Generationen in einem Haus gewohnt hätten.
Die Wirtschaft sei stabiler und erfolgreicher gewesen. Nun sei man in der „alten Welt“ mit Luxusautos, Dübeln, Tabletten oder anderen Erzeugnissen zwar noch immer präsent, teilweise Weltmarktführer. In der „neuen Welt“ der Software, Mikrochips und neuen IT-Technologien werde Deutschland aber abgehängt.
Die Folgen der Flüchtlingszuwanderung 2015
Er kritisierte auch die „unglaubliche Diskrepanz zwischen der Berichterstattung und den tatsächlichen Verhältnissen“. Als Beispiel nannte er die Ankunft zahlreicher Flüchtlinge in München, zum größten Teil junger Männer, wie Bosbach es beschrieb. Die Fotografen der Medien hätten sich dabei vor allem „auf die Kinder gestürzt“. „Am nächsten Tag konnte man bei den Bildern den Eindruck gewinnen: Dagegen kann man doch gar nicht sein. Da kommen kleine Kinder, die geflohen sind, und Familien“, kommentierte er die aus seiner Sicht falsche Darstellung im September/Oktober 2015. Aus Kreisen der Bundespolizei habe er damals gehört, dass die Ordnungskräfte gar nicht auf so eine Situation vorbereitet seien.
In seinen weiteren Ausführungen ging er auf bedrohliche Situationen für Polizisten ein und auf Vorwürfe gegenüber der Polizei und den Behörden nach Anschlägen. Er fragte rhetorisch, warum „wir unsere Weihnachtsmärkte schützen müssen wie einen Hochsicherheitstrakt“ und wunderte sich darüber, dass Sicherheitskräfte in Freibädern unterwegs sein müssen. Er schilderte den Fall eines afghanischen Flüchtlings, der mutmaßlich in eineinhalb Jahren 31 Straftaten begangen habe, „ohne einen Tag gesessen zu haben“.
Nicht der Polizei in den Rücken fallen
„Es hat sich etwas im gesellschaftlichen Klima verändert“, sagte er. Der Staat müsse im Rahmen der Rechtsordnung handeln. Es brauche zudem einen anderen öffentlichen Umgang mit der Polizei. „Wenn die Polizei Ärger hat, dann fallen wir der Polizei nicht in den Rücken, dann stärken wir der Polizei den Rücken“, so der Appell des CDU-Politikers. Ihm gehe es gar nicht um die Verhinderung von Zuwanderung. Schließlich seien mit der Gastarbeitergeneration die Leute gekommen, um anzupacken. „Das waren Menschen, die wir brauchen. Dann kamen Menschen, die uns brauchen“, schilderte er seine Sicht der Dinge.
"Uns geht es in Deutschland immer noch besser als in vielen anderen Ländern. Aber wir müssen viel dafür tun. Und das ist die Aufgabe der nächsten Regierung." Wolfgang Bosbach
Deutlich war bei der Rede Bosbachs der Wunsch nach stabilen, politischen Verhältnissen und einer Rückkehr zu wirtschaftlicher Stabilität. Der Sozialstaat solle denen helfen, die wollen, aber nicht können, und nicht denen, die können, aber nicht wollen. Den Weg von der Idee zum Produkt müsse erleichtert werden und Start-ups unterstützt werden. „Uns geht es in Deutschland immer noch besser als in vielen anderen Ländern. Aber wir müssen viel dafür tun. Und das ist die Aufgabe der nächsten Regierung“, schloss er seinen Vortrag.
Ziemiak kritisiert Übergriffe auf CDU-Politiker
Zuvor hatten noch CDU-Stadtverbandsvorsitzender Martin Gropengießer, Bürgermeister Christian Schweitzer und der Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak Worte an das Plenum gerichtet. Ziemiak kritisierte vor allem die Übergriffe und Schmierereien gegenüber seiner Partei in der Wahlkampfzeit durch „Linksradikale“ und das Schweigen von Kanzler Olaf Scholz. „Bei Gewalt muss Schluss sein“, sagte der Kandidat für den Wahlkreis 149. Gropengießer überreichte Bosbach zum Abschied unter anderem Pralinen aus dem Felsenmeer. Dieses Geschenk hatte Bosbach auch bei seinem letzten Besuch im Jahr 2010 im Hotel Meise erhalten.
Text: IKZ Hemer - 08.02.2025
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